Erich und sein Unimog

Unimog

Erich und die Bienen.

Imkern ist in. Im ganzen Land stellen Bienenzüchter ihre Stöcke auf – nur wenige transportieren ihre Völker aber so wie Erich Six mit einem Unimog U 1400.


„Nur nicht direkt vors Flugloch stellen“. Erich Six lächelt. In T-Shirt, Arbeitshose und mit Strohhut statt im Imker-Schleier tritt er von hinten an seine Bienenvölker heran. Während es vor den drei Häusern summt und brummt, was das Zeug hält und es dort auch richtig gefährlich werden kann („die Bienen wollen ihren Stock verteidigen“), herrscht hier Ruhe. Jedes der Völker zählt an die 50.000 Bienen, der Oberösterreicher kann sich trotzdem völlig unbehelligt nähern. Vorsichtig zieht er die Bodeneinlage aus einem Haus. Das Gemüll darauf verrät ihm viel über den Zustand des Volkes – wo die Bienen brüten, wo das Brutnest liegt oder wo im Winter die Bienentraube sitzt. „Eine regelmäßige Kontrolle ist wichtig“, sagt er. „Dazu gehört auch die sogenannte Fluglochbeobachtung.“ Lange und still steht er dann am Rand seiner Beuten, also den Bienenhäusern, und starrt auf die kleinen Öffnungen. Was er an der Startrampe alles sieht? Mehr als man meinen könnte. „Tragen die Tiere ordentlich Pollen in den Bau, ist davon auszugehen, dass es drinnen Brut gibt, die von den Kolleginnen versorgt wird. Bienentrauben vor dem Loch wiederum könnten ein Indiz für Platzmangel sein.“


Keine Frage, die Imkerei ist für Erich Six mehr als nur ein Hobby. „Das ist eine Leidenschaft“, sagt er und zieht sich eine Prise Schnupftabak von seinem Handrücken in die Nase. Eine weitere große Leidenschaft parkt einige Meter weiter rücklings zwischen Nadelbäumen: Ein Unimog 427 in „Kommunal-Orange“, Baujahr 1992 mit 136 PS. Wie zuvor schon bei den Bienen, gerät Erich auch jetzt wieder ins Schwärmen. „Es handelt sich dabei um die sogenannte schwere Baureihe“, sagt er und erzählt von Motorisierungen, den Typen und Varianten der Baureihe und natürlich auch von der speziellen Geschichte seines „Mogi“, wie er das Universal-Motor-Gerät liebevoll nennt. Dabei ist das Fahrzeug streng genommen gar nicht seines. „Nein, der gehört eigentlich meinem Sohn“, sagt er. Der arbeitet in einer Mercedes-Benz Werkstätte in der Nähe von Salzburg und hat vor neun Jahren die Chance genutzt, der Gemeinde Zams das in die Jahre gekommene Arbeitstier abzukaufen. „Wie oft im Leben hat dabei der Zufall Regie geführt“, sagt Erich Six, der als Techniktrainer selbst auch für Mercedes-Benz Trucks tätig ist und es dabei tagtäglich mit den unterschiedlichsten Unimog-Typen und Aufbauten zu tun bekommt. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen“, sagt der 52-Jährige und schmunzelt. 



„Natürlich wäre auch ein Leben ohne Unimog möglich, aber anstreben tue ich das nicht.“

- Erich Six, Unimog Fan und Techniktrainer bei Mercedes-Benz Trucks Österreich



Seinen „427er“ setzt der Oberösterreicher für alle möglichen Arbeiten rund um seinen kleinen Hof in Pöndorf im Hausruckviertel ein: Zum Transport von Baumaterialien wie Ziegeln und Kies, für Holzarbeiten in seinem rund drei Hektar großen eigenen Waldstück und um seine Zufahrtstraße im Winter mit dem Pflug von Schnee zu räumen. „Ich habe sogar eine Schneefräse und wenn es mal wirklich viel schneit – was bei uns hier durchaus vorkommt – helfe ich damit der Gemeinde und räume den Gehsteig in Richtung Ortszentrum“, sagt er. Kurios: Türmt sich die weiße Pracht so richtig hoch, dann sind Erich Six und sein Unimog auch auf den umliegenden Bauernhöfen gern gesehene „Schneeräumungs-Gäste“. „Die Traktoren kommen dann nicht mehr durch – der Unimog mit seinem Allrad und Schneeketten aber locker.“


Freie Fahrt hat der Oberösterreicher immer dann, wenn das Terrain anspruchsvoller wird. Wenn es über Stock und Stein geht. Äste oder Geröll den Weg versperren. Tagelanger Regen Waldwege und Forststraßen in schlammige Pisten verwandelt und seine tief im Wald auf einer Lichtung stehenden Bienenstöcke mit einem Pkw und selbst mit einem Pick-up nicht mehr erreichbar wären. „Dank seiner hohen Bodenfreiheit und Geländegängigkeit sind derartige Herausforderungen für den Unimog kein Problem.“ Gebrauchsspuren an der Karosserie zeugen von vielen Arbeitseinsätzen. Am Weg durch den Wald schlagen immer wieder größere und kleinere Astenden auf die Windschutzscheibe und kratzen entlang der Karosserie. „Wo gehobelt wird, fallen eben Späne“, sagt Erich. Quasi als „Belohnung“ für seine Mühen will er dem Unimog-Oldie aber schon bald eine Frischzellenkur gönnen. „Wir wollen da und dort Kleinigkeiten ausbessern und die Kotflügel neu machen. Ihm vielleicht auch eine neue Lackierung verpassen.“ Der „Mogi“ soll dann nicht mehr in „Kommunal-Orange“, sondern in „Agrar-Grün“ daherkommen. „Das passt dann besser zu uns.“


Zurück bei den Bienen im Wald: Erich legt Hand an einen der Stöcke, er will ihn auf seinen Hof bringen. „Das Verstellen eines Bienenvolks wird als Wandern bezeichnet.“ Dazu hat er schon gestern Abend das Flugloch verschlossen. So kann er sichergehen, dass die meisten Bienen in der Beute sind. Um ein Verrutschen der Einzelteile zu verhindern, legt er nun einen Spanngurt um Boden, Zarge und Deckel. Langsam zieht er den Gurt straffer und fixiert ihn dann. Nun hebt er die Beute vorsichtig auf die Ladefläche des Unimog, was schwerer ist, als es aussieht. Der Oberösterreicher lächelt: „Wenn die Leute einen Bienenstock sehen, glauben sie immer, dass die Bienen den ganzen Job machen und man als Imker am Ende nur den Honig rausholen muss. Die Wahrheit ist aber: Die Imkerei ist auch viel Arbeit.“ Allerdings: Erich macht die Arbeit gerne. Sie ist für ihn nicht lästig, vielmehr Hobby. Sogar Leidenschaft. Ganz so wie der Unimog. Und wenn er beides miteinander verbinden kann? „Dann ist das überhaupt das Schönste!“



Bilder: Sebastian Freiler

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