Zum 75 Jahre Unimog Jubiläum: Michael Soriat und sein Unimog 421 Cabrio

UNIMOG

Unimogler mit Leib und Seele.

Michael Soriat lebt seinen Kindheitstraum: Am Steuer seines Unimog-Oldtimer 421 Cabrio reist der Oberösterreicher regelmäßig „oben ohne“ in die Vergangenheit.


Wir schreiben das Jahr 1971. Im Fernsehen ist erstmals „Die Sendung mit der Maus“ zu sehen, in Kanada gründen Aktivisten die Friedens- und Umweltschutzorganisation Greenpeace. Franz Jonas wird österreichischer Bundespräsident und im Mercedes-Benz Werk Gaggenau im bayrischen Schwarzwald läuft ein grün lackiertes Unimog 421 Cabrio vom Band, das für Michael Soriat heute zugleich liebstes Hobby und flexibles Arbeitstier ist. Vor acht Jahren hat er das ursprünglich für eine Forstverwaltung in Rheinland-Pfalz gebaute Universal-Motor-Gerät gekauft und liebevoll zu restaurieren begonnen. Seitdem hat er viel Geld, Energie und noch mehr Zeit in das Fahrzeug gesteckt.



Der 30-jährige Oberösterreicher lächelt. Seit einer gefühlten Ewigkeit hält er einen unscheinbaren Schalter rechts neben dem Lenkrad gezogen. „Die Glühwendel“, wie er erklärt. Die braucht es, damit Glühkerzen die Luft in den Brennräumen der vier Zylinder des Motors erhitzen und sich der Kraftstoff dort entzünden kann. Was für manchen sicherlich ein lästiges Ärgernis darstellt, gehört für Michael zum Erlebnis Unimog einfach dazu. „Ich bin Unimogler durch und durch und genieße die ,Diesel-Gedenkminute‘ sogar“, sagt er und startet den Motor. Unvermittelt schütteln 52 PS das Fahrzeug ordentlich durch. 



Was das Nutzfahrzeug für ihn zum Traumwagen macht? „Seine Vielseitigkeit. Kein anderes radangetriebenes Fahrzeug kommt in unwegsamen und tiefen Geländen so weit wie ein Unimog. Dabei ist selbst mein Oldtimer bis zu 70 km/h schnell, verfügt über Allrad, sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge und kann mit diversen Anbaugeräten, Ladefläche oder Anhängern betrieben werden“, sagt er.


„Beim Unimog gibt es für jeden Geschmack und jede Nutzungsanforderung das passende Modell – die Vielseitigkeit ist größer als bei jedem anderen Fahrzeug.“

– Michael Soriat, Unimog-Fan und Mitarbeiter bei
Mercedes-Benz Trucks Österreich



Wie zum Beweis bahnt sich das 421 Cabrio gerade kraftvoll seinen Weg den Berg hoch in Richtung einer abgelegenen Almhütte. Hinter uns bilden Mondsee und Drachenwand eine beneidenswerte Kulisse, die offene Fahrgastzelle und das aufgeklappte Verdeck sind bei den aktuell knapp 30 Grad ein Segen. Michael steuert das Fahrzeug einige Meter weiter über eine kürzlich gemähte Wiese und setzt dann mit aufmontiertem Ballenspieß langsam rückwärts in Richtung eines rund 250 Kilogramm schweren Heuballens. Mühelos hebt er das Heu mit dem Heckkraftheber des Unimog 30 bis 40 Zentimeter hoch, dann macht er sich mit der Fracht auf den Weg in Richtung Tal.



Ein bisschen Komfort muss sein.

Gefederte Sitze, Beinfreiheit und anderen Komfort sucht man im Fahrerhaus des Unimog Oldies vergeblich, das einzige bisschen Luxus: ein in einer Munitionskiste verbauter Radio, den Michael vor einigen Jahren nachgerüstet hat. „Im Original hat es den so nicht gegeben“, sagt er, „aber ich wollte es mir ein wenig angenehmer machen.“ Das Fahrzeug aus dem Jahr 1971 hat immerhin bereits 50 Jahre auf dem Buckel.


Unimog Club.

Michael ist Obmann des Unimog Clubs Salzkammergut (UCS, daher auch das Kennzeichen seines Unimog: UCS 1), immerhin acht Mitglieder besitzen eigene Unimog-Oldtimer. Die Vereinsaktivitäten reichen von Tages- und Wochenendausflügen in die Umgebung bis hin zu Touren wie vor zwei Jahren zu einem Unimog-Treffen am bayrischen Königssee oder 2018 zum Globetrotter-Rodeo nach Eisenerz. Teil der Vereinsaktivitäten (neue Mitglieder sind übrigens gerne gesehen!) sind auch regelmäßige „Schrauber-Treffen“. „Dabei kommen wir meist bei einem Mitglied zuhause zusammen und arbeiten gemeinsam an einem Problem. Alle können ihr Wissen einbringen und voneinander lernen.“



Vom Mechaniker zum Fan.

Michael ist nicht nur Mercedes-Fan, er arbeitet auch für Mercedes – und zwar schon sein halbes Leben. Sieben Jahre lang war er bei Mercedes-Benz Trucks Österreich als Produktmanager für Unimog und Sonderfahrzeuge tätig. Seit Kurzem betreut er nun als Gebietsleiter zahlreiche Werkstätten, davor hat er mit 15 Jahren in einer dieser Werkstätten eine Lehre als Lkw-Mechaniker begonnen. Neben Actros, Atego, Antos und all den anderen Mercedes-Lastwagen bekam er es damals immer wieder auch mit alten Unimog-Exemplaren zu tun. Michael erinnert sich: „Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick und schon recht bald hatte ich den Wunsch selbst einen eigenen Unimog-Oldtimer zu besitzen.“ Mit 18 Jahren sieht er seine Chance gekommen, das Fahrzeug war in einem fahrbereiten, aber leider stark reparaturbedürftigen Zustand. „Das wurde mir leider erst nach dem Kauf richtig bewusst. Aber immerhin wurde mir klar, worauf ich beim nächsten Mal besser achten sollte.“



Vor acht Jahren tut sich für Michael dann nach zweijähriger, intensiver Suche eine zweite Chance auf – und das Gesamtpaket ist dieses Mal deutlich besser. „Der Zustand war in Anbetracht des Alters des Fahrzeugs hervorragend, die Fahrerkabine war sogar einmal neu lackiert worden.“ Zu tun gab es in den vergangenen Jahren trotzdem einiges: Roststellen entfernen, Teile von Schmutz und Öl befreien, eine neue Stoßstange montieren, die Spiegelarme sanieren, die Kotflügel ausbessern und neu lackieren. Den über fünf Jahrzehnte verschlissenen Stoffbezug der Sitze lässt Michael vom Sattler mit neuem, maßgeschneidertem Leder beziehen. „Im Vorjahr habe ich dann auch eine komplette Motorüberholung durchgeführt, alles zerlegt und neue Lager, Dichtungen und Filter eingebaut.“ Noch am Plan steht der Tausch der Ladebordwände des 3-Seiten-Kippers, ein neues Lenkrad und eine Anbau-Seilwinde. Für seine Arbeiten verwendet Michael ausschließlich Originalteile, manche kauft er neu, andere gebraucht bei Teilehändlern oder im Internet.



Wie viele Stunden er auf der Suche nach passenden Blechen, Beschlägen, Kabelsträngen, Schläuchen und Dichtungen vor dem Computer verbringt? Michael überlegt. Setzt zu einer Antwort an und verkneift sie sich dann doch wieder. Er schmunzelt und klettert auf den Fahrersitz seines Unimog. „Ein paar Minuten werden da schon zusammenkommen“, sagt er fast ohne Untertreibung, bevor er den Radio aufdreht und sich mit seinem Oldtimer wieder auf den Weg in Richtung Vergangenheit macht. In eine Zeit, in der Diesel-Gedenkminuten beim Starten noch selbstverständlich waren und man sich über fehlende Sitzfederungen keine Gedanken machte.



Bilder: Sebastian Freiler

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