Ausbildung zur Fahrerin: Lena Evers transportiert coole Autos durch ganz Deutschland

Reportage

„Genau mein Ding.“

Lena lässt sich zur Lkw-Fahrerin ausbilden. Ihren Job im Actros genießt sie, Fahren ist aber längst nicht alles.

Lena fährt die wertvolle Fracht auf den Trailer.


Das Metall des Trailers rattert. Lena Evers hat keine Zeit zu verlieren, acht Coupés von Mercedes-Benz müssen zügig auf den Transporter. Ihr Actros steht auf einer Parkfläche im Daimler Werk Bremen. Während die 21-Jährige die Rampe des Aufbaus hinauflenkt, lehnt sie mit dem Oberkörper aus dem Seitenfenster. „Ich sehe so am besten wie viel Platz ich noch habe“, sagt Lena.

Oben angekommen, schließt sie die Tür des Fahrzeugs, läuft die Rampe hinunter und steigt in das nächste Coupé. Jetzt rückwärts. Auch wenn die Uhr tickt: Vorsicht ist angesagt. Kein falsches Fahrmanöver mit der wertvollen Fracht. „Sonst wäre ich meinem Chef und unserem Kunden ein paar Erklärungen schuldig“, sagt Lena, zieht den Spanngurt an und streicht eine blonde Strähne zur Seite.



Fahren ist nicht alles.

Lena ist Auszubildende zur Berufskraftfahrerin bei der Akkermann Transporte GmbH – und die einzige Frau unter den 60 Fahrern der ostfriesischen Firma. Auch in ihrer Berufsschulklasse ist sie eher die Ausnahme. „Ich treffe zwar unterwegs immer mal Kolleginnen, aber klar: Wir sind in der Unterzahl.“

Sie streift ihre Arbeitshandschuhe über. „Fahren ist hier längst nicht alles.“ 24 Spanngurte müssen festgezurrt, 34 Radkeile eingehängt werden. Lena krempelt die Ärmel hoch. „Wenn ich fertig bin, merke ich schon, dass ich was getan habe“, sagt sie und tippt lächelnd auf den tätowierten Unterarm.


Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.
Viel Handarbeit: Für einen Transport muss Lena 24 Spanngurte festzurren.

Gefragt sind Mitdenker.

Touren für das Mercedes-Benz Werk sind das Tagesgeschäft für Akkermann Transporte. Heute steht aber etwas Besonderes auf dem Programm: die Probeverladung eines neuen Fahrzeugtyps. Lena und ihre Kollegen von den Speditionen und Mitarbeiter von Aufbauherstellern testen die Verladung eines neuen E-Klasse Coupés auf diverse Fahrzeuge. Markus Reiter prüft für die Daimler AG die Qualität der verschiedenen Transporte auf Herz und Nieren. Höhen, Gewichte, Achslasten: Am Ende wissen Fahrer, Disponenten und die Logistiker von Mercedes-Benz, wie viele Exemplare des neuen Fahrzeugtyps wie und mit welchen Transportern das Werk verlassen können.

Mit Lena hat Markus Reiter auch schon zusammengearbeitet: „Sie geht sorgsam mit unseren Autos um und sie denkt mit. Das ist die richtige Einstellung: Mitdenken ist bei Autotransporten das A und O.“

Lena fährt nun ein Coupé in die untere Reihe des Transporters. Fragen beantwortet sie jetzt nicht, sie konzentriert sich. „Lustig finde ich immer, wenn jemand ins Fahrerhaus guckt und dann ganz verdutzt ist, dass ich – also eine Frau – drin sitze“, sagt sie während sie zu Fuß das nächste Auto holt. Auch jetzt beim Verladen schaut hin und wieder jemand zweimal hin.


Lena auf dem Weg ins Fahrerhaus.
Lena auf dem Weg ins Fahrerhaus.

Fahrer oder Fahrerin – das spielt keine Rolle.

„Ob Fahrer oder Fahrerin spielt für mich keine Rolle“, sagt Klaus Akkermann, Lenas Chef. „Wir brauchen gute Leute, und Lena macht ihren Job bei uns bislang super.“ Dass Betriebe selbst Fahrer ausbilden, kommt immer häufiger vor. Die Ausbildungszeit beträgt drei Jahre, der Führerschein kann mit 18 erworben werden. Wer dann auch die medizinisch-psychologische Untersuchung besteht, darf loslegen. Zumindest innerhalb Deutschlands.

Akkermann ermöglicht dem Nachwuchs während der Ausbildung sogar, eine Zeit lang für andere Betriebe zu fahren. Der Spediteur: „So lernt man die Vielfalt des Jobs kennen. Es muss ja nicht das ganze Berufsleben der Fernverkehr sein.“

Seit einem Jahr ist Lena nun in der Ausbildung zur Berufskraftfahrerin. Seit einem halben Jahr hat sie den Lkw-Führerschein. Für sie ist Fernverkehr genau ihr Ding. Mittlerweile fährt sie Touren in Deutschland allein. Immer mit wertvoller Fracht, die ganze Woche durch. Lena: „Daran habe ich mich schnell gewöhnt. Außerdem komme ich freitags nach Hause.“ Die Wochenenden genießt sie mit ihrem Freund und den drei Katzen. Drei Wochen fährt sie, dann geht es für eine Woche zum Blockunterricht an die Berufsschule.

Und wie ist die Situation für eine Frau allein auf den Rastplätzen? „Natürlich fühle ich mich wohler, wenn ich nachts nicht in einer dunklen Ecke stehe“, so Lena. Das ist jedoch nicht immer einfach. Schließlich passt sie mit ihrem mehr als 20 Meter langen Transporter nicht in jede Parklücke. „Wenn ich die Gegenden noch nicht kenne, rufe ich Kollegen an. Die geben mir dann Tipps, wo ich parken kann.“


Markus Reiter, der den Transport überprüft, setzt die Messlatte am Akkermann-Transporter an. 3,98 Meter: flach genug. Mit einer Kollegin hakt er nach und nach alle Punkte der Liste ab, auch die anderen Maße und Werte passen. Aktion erfolgreich beendet, die Coupés müssen wieder vom Trailer.

„Leer wollen wir hier aber nicht wegfahren“, sagt Lena. Acht Neuwagen warten auf ihren Transport ins Distributionszentrum. Schon krempelt sie die Ärmel hoch.


Fotos: Kristian Barthen

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