Marcel Klingebeil und sein Job unter Bäumen

Reportage

Durch den Wald zum Landeplatz.

Die Edition 2 gehört zu den aufregendsten Trucks im Jahr 2021. RoadStars war bei einer Tour weit weg von der Autobahn dabei.


Marcel Klingebeil hat schon geahnt, was da heute noch kommt. Es ist ja nicht der erste Herbst, in dem er unterwegs ist – und die Wettervorhersage war ziemlich eindeutig: Es wird stürmisch. Viel Zeit verlieren will der Fahrer aus Brandenburg an diesem Morgen nicht. Denn bevor später der Sturm aufzieht, muss er noch die 26 Tonnen Kalk aus der Kippmulde abladen. Dafür geht es in den Wald. „Und bei Sturm kann ich darauf gut verzichten“, sagt Marcel, der mit seinem Actros Edition 2 jetzt auf einem Parkplatz an der B4 im Osten der Lüneburger Heide hält. Kurze Pause und mit der Dispo in Dortmund die Abladestelle besprechen.



„Die Fuhre muss zu LP 5“, sagt er nach dem Telefonat. „LP“, das steht für Landeplatz. Denn die Abladestellen, zu denen die Lkw der Firma Frachtente fahren, sind auch die Landeplätze des Hubschraubers, der den Kalk über dem Wald verteilt. Der Kalk verbessert den pH‑Wert des Waldbodens, davon profitieren dann die Bäume und anderen Pflanzen. 2.500 Tonnen bringen Marcel und seine Kollegen in diesen Wochen hier in die Gegend. Je tiefer Marcel und die anderen Fahrer in den Wald kommen, desto weniger Strecke muss der Hubschrauber zum Nachladen fliegen. Das macht sich bezahlt: Flugstunden sind extrem teuer. Der Hubschrauber ist heute allerdings nicht in der Luft. Bei den Wettervorhersagen ist daran nicht zu denken.



Fährt er sich fest, hat er ein Problem.

Es ist nicht das erste Mal, dass RoadStars bei einem Einsatz eines Frachtente-Trucks dabei ist. Aber ein Sondermodell wie die auf 400 Exemplare limitierte Edition 2 ist eben auch nicht alle Tage auf matschigen Waldböden unterwegs.

Marcel kopiert aus der E-Mail, die er jetzt von der Dispo bekommen hat, die Standort‑Koordinaten des Abladeplatzes in die Navigations‑App seines Smartphones. Dank Apple CarPlay führt die App ihn nun auf dem Sekundärdisplay Richtung „LP 5“.


Nach der Schranke kommt der Matsch.

Marcel ist auf die Bundesstraße abgebogen. Ungefähr 25 Minuten dauert die Fahrt bis zu einem Wanderparkpatz. Von hier geht es durch eine Schranke auf den Waldweg. „Ab hier wird es matschig“, sagt der 41‑Jährige. Eben auf dem Parkplatz hat er noch einmal über das Handy das Wetter gecheckt. Die Tour heute morgen sollte noch passen, aber viel Zeit bleibt nicht. Bei Sturm im Wald festfahren und niemand kann ihn rausziehen – das braucht er nicht.

„Mit der Konfiguration sollte ich hier aber klarkommen“, sagt Marcel. Sein Actros 1953 hat das ganze Jahr über Vollwinterreifen aufgezogen.

Vor der Schranke stellt er das Niveauregulierung eine Stufe höher, was auf dem Waldweg ein ganzes Stück weitere Bodenfreiheit bringt. Vom Fahrmodus Economy schaltet Marcel jetzt auf Power.


Dass die Edition 2 kein Truck von der Stange ist, darauf ist er stolz. Sein Kollege fährt schon länger die Edition 1. Er selbst war jahrelang mit einem Actros unterwegs. „Die Chefin fragte mich dann, was ich von der Edition 2 halten würde. Nein sagen konnte ich dann natürlich nicht“, so Marcel lächelnd. Er war sofort vom Lkw begeistert. „Bis dahin stand für mich eigentlich nur fest, dass ich wieder einen Actros mit SoloStar Concept haben will.“ Auf die gemütliche Sitzecke mag er nicht verzichten. Schließlich ist er meistens die ganze Woche über unterwegs. „Dass es die Edition 2 geworden ist … umso besser!“ Marcel hat den Lkw selbst in Wörth abgeholt. Seitdem fährt er damit jede Woche um die 3.000 Kilometer.



Lieblings-Feature MirrorCam.

Sein Lieblings-Feature ist übrigens die MirrorCam, die serienmäßig im Actros verbaut ist. „Bei so einem Wetter müsste ich bei dieser Tour sonst drei Mal die Spiegel abwischen.“ Es hat angefangen zu regnen. Der Sturm deutet sich an.

Was die Edition 2 an Ausstattung und Designdetails mitbringt, hat Marcel sofort überzeugt. „Allein schon das ‚Edition 2‘-Emblem im Einstieg ist doch schon ein Highlight.“

Dafür, dass Marcel jetzt mit einer recht hohen Drehzahl unterwegs ist, bewegt sich der Actros nur langsam vorwärts. „Wenn ich hier irgendwo stecken bleiben sollte, brauche ich direkt Leistung, unter 1.500 Umdrehungen pro Minute wird das schwierig“, sagt er und deutet auf den Drehzahlmesser. Nach etwa fünf Minuten hat er die Lichtung und damit LP 5 erreicht.

Als er nach dem Abkippen wieder einsteigt, rückt er seine Mütze zurecht, draußen ist es ungemütlich: Böen und der immer stärker einsetzende Regen kündigen den Sturm an. Es wird Zeit, dass er hier wieder rauskommt. Zehn Minuten später ist er auf der Bundesstraße nach Norden unterwegs. Über das Sekundärdisplay stellt er die Heizung an, der Ausflug nach draußen war frisch. Marcel lehnt sich im Sitz zurück. Heute am späten Nachmittag muss er noch in Schleswig-Holstein laden. Aber dann ist Feierabend.



Fotos und Video: Alexander Tempel

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