Vom „Fetzen“ zum Traumauto

Unimog

Unimog aus dem Jahr 1955.

Georg Ebner hat in seinem Leben viele Oldtimer repariert und saniert. Besonders angetan hat es ihm sein Unimog 401 aus dem Jahr 1955.


Wie viele Autos braucht ein Mensch um glücklich zu sein? Eine gute Frage, die bei Georg Ebner doch irgendwie nur rhetorisch ist. Der Oberösterreicher aus St. Lorenz am Mondsee verfügt schließlich über eine ganze Flotte fahrbarer Untersätze, die zusammen locker mehrere hundert Jahre auf die Straße bringen. Da wären beispielsweise zwei Triumph Roadster, Baujahr 1949, die Ebner von Grund auf saniert und neu aufgebaut hat. In seinem Besitz befinden sich aber auch ein Puch Haflinger und ein amerikanischer Studebaker, der im ersten Weltkriegsjahr (die Rede ist vom Ersten Weltkrieg!) vom Band lief. Der heimliche Star in Ebners Garage ist allerdings ein Arbeitstier aus einer Fabrik in Gaggenau im bayrischen Schwarzwald: ein Unimog 401, Baujahr 1955 mit 25 PS.



„Ein Arbeitskollege besaß so ein Fahrzeug und ich wollte dann auch eins haben“, erinnert sich Ebner an den Ankauf des Mercedes-Trucks vor rund 20 Jahren. Der Traum entpuppte sich allerdings als Rosthaufen, die erste Ausfahrt musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. „Das war ein richtiger ,Fetzen‘“, sagt Ebner heute, wobei man wissen muss, dass ein „Fetzen“ im Oberösterreichischen ein billiges, schlecht sitzendes Kleid bezeichnet, aber auch einen Gegenstand, der  – höflich formuliert – die eine oder andere Gebrauchs- und Abnützungsspur aufweist. Georg Ebners Glück: Der heute 74-jährige kennt sich mit alten Autos aus, schließlich hat er sein Leben lang nichts anderes gemacht, als Fahrzeuge und Baumaschinen („die richtig Großen“) zu warten und zu reparieren. Dabei hat er viele Jahre auch im Ausland verbracht, etwa in Saudi-Arabien und im Kongo. Drei Jahre hat er im Oman die Straßenbaumaschinen einer französischen Firma betreut und noch knapp vor seiner Pensionierung war er mehrmals in Guinea-Bissau an der afrikanischen Westküste, um dort einen 100-Tonnen-Bagger am Laufen zu halten.


Was er bei seinem Unimog konkret gemacht hat, um ihn ins Fahren zu bringen? „Einfach alles“, sagt Georg Ebner und lächelt. Um nicht irgendwann später bei der Sanierung auf böse Überraschungen zu stoßen, hat er es sich zur Angewohnheit gemacht, seine alten Fahrzeuge komplett zu zerlegen und dann Teil für Teil wieder zusammenzusetzen. Dabei kann man seine Vorgangsweise durchaus mit der eines Pathologen vergleichen. Er will offenlegen und finden, was sich im Verborgenen, im Inneren befindet und erst später zum Ausbruch kommen könnte. Wie der Pathologe nach Organfehlern sucht, nach beschädigten Blutgefäßen oder den Spuren einer Vergiftung, fahndet Georg Ebner nach rostigen Flecken, Schwachstellen im Fahrgestell, Geräuschanomalien des Triebwerks und abgenutzten Dichtungen.



Zuerst hat er das Fahrgestell von Schmutz und Dreck befreit und einer intensiven Behandlung mit dem Sandstrahlgerät unterzogen. Danach hat er sich um eine zweite Fahrerkabine umgesehen, um damit besonders marode Teile seiner Unimog-Kabine zu ersetzen. Die Türen hat er neu gekauft und eingesetzt, Motor und Getriebe unterzog er einer Generalüberholung. Dichtungen, Lager, Kolben und Ventile hat er getauscht. „Viele der benötigten Teile bekam ich direkt bei Mercedes, andere habe ich mir auf Teilemärkten und im Internet zusammengesucht“, sagt Georg Ebner, der damals vor allem nach Feierabend und an den Wochenenden an seinem Unimog geschraubt hat.


In wenigen Fällen gab er Arbeiten auch aus der Hand. Fremde Hilfe nutzte er etwa bei der Erneuerung der Frontscheibe, die Spenglerarbeiten ließ er von einem Fachmann in Salzburg erledigen und bei den Sitzen vertraute er auf einen Könner in Polen, zu dem er bei der Restaurierung eines anderen Fahrzeugs über Vermittlung eines in Österreich urlaubenden Landsmannes gekommen war. „Der Preis war günstig, das Angebot gut, aber als ich dann dem Mann zusätzlich zu den Sitzen auch noch Geld für den Kauf von für die Reparatur benötigtem Leder mit nach Polen gab, haben sich viele meiner Freunde über mich lustig gemacht. Sie meinten, dass ich weder Sitze noch Geld wiedersehen werde.“


„Natürlich ist es schön, wenn ich mit meinen Autos unterwegs bin und wenn wir mit dem Unimog beispielsweise zu einem Treffen am Königssee fahren oder an der Oldtimer-Traktor WM am Großglockner teilnehmen, aber …“

- Georg Ebner


Was der Oberösterreicher nicht mehr ausspricht: Wichtiger ist ihm letztlich das Schrauben an den Fahrzeugen. Das Herumbasteln und Reparieren und da hat er erst kürzlich wieder ein neues Projekt gestartet: Für seine Enkelin (die gerade erst ein paar Monate alt ist) baut er gerade einen alten Puch 500S, den er über das Internet im Mühlviertel gefunden hat, neu auf. Und spätestens dann, wenn man ihn beobachtet, wie er die Karosserie des Fahrzeugs beäugt, wie er in Gedanken die Motor- und Getriebeteile zusammensetzt und wie er die Achsteile lackiert, drängt sich wieder der Vergleich mit einem Pathologen auf und ergibt sich die Antwort auf unsere eingangs gestellte wie von selbst: Es braucht nur ein Auto, um Georg Ebner glücklich zu machen. Eines, das er zerlegen und sanieren kann – egal, ob es sich dabei um einen Puch 500S handelt oder um einen Unimog 401.


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