4-Xtremes – Teil 34: Ein Kurswechsel und Sorge um Aimée

Serie: 4-Xtremes – The World Tour

Der magische Knopf.

Andrea und Mike besichtigen die weltweit einzige für Besucher zugängliche Atomraketenbasis. Dann nimmt die Reise einen ungeplanten Verlauf und Aimée erkrankt.


Genau 30 Tage hatten wir für die Ukraine – viel zu kurz für so ein grosses Land, in dem es so unsagbar viel zu sehen gibt. Und gegen deren Ende uns wieder einmal eine Überraschung erwartet – und so sind wir jetzt nicht wie geplant in Russland, sondern wieder zurück in Ungarn.

Umso mehr freuen wir uns über die spannenden Eindrücke, die uns die Ukraine geschenkt hat. Wie etwa den Besuch einer Atomraketenbasis – eine weltweit einmalige Gelegenheit! Nach dem Zerfall der Sowjetunion trat die Ukraine 1994 dem Atomwaffensperrvertrag bei und erklärte sich fortan für atomwaffenfrei. In der Folge wurden 30 der 40 Stützpunkte kontrolliert zerstört. Einer der noch existierenden, eben «unserer» nördlich von Perwomaisk gelegenen, ist als Museum inzwischen für die Öffentlichkeit zugänglich.


Die SS-18 Satan verfügte über zehn Sprengkörper und eine Reichweite von 10.000 Kilometern.
Die SS-18 Satan verfügte über zehn Sprengkörper und eine Reichweite von 10.000 Kilometern.
Mike auf dem Weg ins unterirdische Reich der Macht.
Mike auf dem Weg ins unterirdische Reich der Macht.
Museum statt Manöver: Der ehemalige Soldat erklärt Mike die Armaturentafel der Kommandozentrale.
Museum statt Manöver: Der ehemalige Soldat erklärt Mike die Armaturentafel der Kommandozentrale.
Der Gurt war für die Offiziere Pflicht, damit sie im Falle eines Atombombeneinschlags nicht aus den Sesseln geschleudert werden.
Der Gurt war für die Offiziere Pflicht, damit sie im Falle eines Atombombeneinschlags nicht aus den Sesseln geschleudert werden.
Monumental: die Mutter-Heimat-Statue im Zentrum des Nationalen Museums der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg.
Monumental: die Mutter-Heimat-Statue im Zentrum des Nationalen Museums der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg.
Von opulenter Schönheit: Das Kiewer Höhlenkloster am Westufer des Dnepr. Künstlich geschaffene Höhlen dienten den Mönchen als Einsiedeleien.
Von opulenter Schönheit: Das Kiewer Höhlenkloster am Westufer des Dnepr. Künstlich geschaffene Höhlen dienten den Mönchen als Einsiedeleien.

Nur einen Knopfdruck von der Katastrophe entfernt.

30 Meter unter Tage liegt die Kommandozentrale in einem Silo – mit dem alles entscheidenden roten Knopf. Wer diesen Knopf drückt, wüsste allerdings nicht, welcher Teil der Erde dadurch zerstört würde, denn das Bombenziel wäre von anderer Stelle programmiert worden. Wir erfahren zudem, dass neben jeder Atomraketenanlage eine Art Sensor steht, der im Falle eines Angriffs automatisch die Atomrakete startet, welche wiederum die nächste Atomrakete auslöst und so weiter – die Konsequenzen dessen wollen wir uns lieber nicht ausmalen.

Bezeichnend auch der Name der Rakete: SS-18 Satan. Mit zehn Atomsprengköpfen bestückt hatte sie eine Reichweite von 10.000 Kilometern und war die grösste während des Kalten Kriegs gebaute und in Dienst gestellte Interkontinentalrakete. All das erfahren wir von einem zur Ruhe gesetzten Soldaten, der uns als Tourguide durch die Anlage führt und perfekt Englisch spricht. Noch eine Übernachtung vor dem Museum, und schon geht es weiter Richtung Kiew, das nicht mehr weit ist.


Und wieder eine Planänderung.

Nach einem viel zu kurzen Abstecher in diese riesige Stadt beeilen wir uns, rechtzeitig das Land zu verlassen. Russland hatte unser Ziel sein sollen. Doch hier haben wir die Rechnung leider ohne den Wirt gemacht.

Nach mehreren Abstimmungen mit diversen Botschaften und Ämtern ist schliesslich klar, dass wir als Schweizer nach wie vor nicht über die Landesgrenze einreisen dürfen. Und da wir mit unserem Axor die Grenze schlecht auf dem Luftweg überqueren können, bleibt uns nur ein erneuter Kurswechsel. Und dieser führt uns zurück nach Ungarn. Zur Landesgrenze sind es von Kiew aus rund 800 Kilometer.


Der Verfall des Forts Tarakaniv schenkt ihm einen eigenwilligen Charme – ein echter Lost Place.
Der Verfall des Forts Tarakaniv schenkt ihm einen eigenwilligen Charme – ein echter Lost Place.
Rauchen ist hier nicht erwünscht: die St. Georgs Kirche, komplett aus Holz gebaut.
Rauchen ist hier nicht erwünscht: die St. Georgs Kirche, komplett aus Holz gebaut.
Frisches Wasser für den Wohnaufbau …
Frisches Wasser für den Wohnaufbau …
… und einen Kanister Öl für Axor.
… und einen Kanister Öl für Axor.

Auf dem Weg dorthin liegt einer der wohl sehenswertesten Lost Places, die wir je besucht haben: das Fort Tarakaniv. Es ist praktisch eine ganze Militärstadt aus dem Ersten Weltkrieg mit Wohn- und Lagerhäusern, einer kleinen Kirche, einem Krankenhaus und einer Leichenhalle. Insgesamt verfügte die Burg über 105 Kasematten, die sowohl für militärische Einsätze als auch für das Leben bestimmt waren. In den 1960er-Jahren wurde die Anlage von der Sowjetunion zur Lagerung von Konserven genutzt, erwies sich jedoch aufgrund der hohen Feuchtigkeit als unbrauchbar. Unterdessen holt sich die Natur die verlassene Anlage zurück und verleiht den Ruinen eine besondere, geheimnisvolle Stimmung. Mit einer Taschenlampe erkunden wir das Labyrinth der unterirdischen Gänge und auch das Hauptgebäude, das sich in der Mitte eines Erdwalls befindet.

Grosse Sorgen um Aimée.

Auf der Zielgeraden nach Ungarn machen wir noch einen letzten Halt bei der St. Georgs Kirche, die im 15. Jahrhundert komplett aus Holz errichtet wurde. Kurz vor Ablauf der 30 Tage übernachten wir bei einer stillgelegten Raststätte, knapp 30 Kilometer vor der ungarischen Grenze. Als wir am Morgen aufwachen, merken wir schnell, dass mit Aimée etwas nicht stimmt. Sie regt sich kaum und bewegt nur die Augen. Schnell wird uns klar, dass sie in der Nacht einen schweren epileptischen Anfall gehabt haben muss. Seit etwa zwei Jahren wissen wir um diese Krankheit, doch war Aimée zuletzt lange beschwerdefrei. Der Schock sitzt tief! Gott sei Dank haben wir ihre Medikamente zur Hand und beobachten sie noch eine Weile. Da sich ihr Zustand stabilisiert, entscheiden wir, den Grenzübertritt in Angriff zu nehmen.


An der Grenze dann stellen wir die Beamten offensichtlich vor eine grosse Herausforderung, da sie nicht sicher sind, ob wir nun bei den Lkw oder den Personenwagen passieren sollen. Letzten Endes schicken sie uns zu den Lkw, wo wiederum die Zöllner völlig überfordert sind, da wir ja keine Fracht an Bord haben. Nach langem Hin und her winken sie uns einfach durch – und schon sind wir in Ungarn.

Obwohl es Aimée inzwischen wieder besser geht, führt uns der erste Weg zu einem Englisch sprechenden Tierarzt. Hier bekommt unsere vierbeinige Patientin noch ein paar Spritzen und neue Tabletten. In der Ukraine sind auf dem Tacho viele Kilometer zusammengekommen, um die Strecke in den vorgegebenen 30 Tagen zu bewältigen. Nun merken wir, dass wir alle drei eine Pause brauchen. Nach ein paar Tagen an einem kleinen See schauen wir, wohin uns die weitere Reise führt.


4-Xtremes – The World Tour.

Eine Reise, die ihresgleichen sucht.

Drei Jahre sind Andrea und Mike Kammermann mit ihrem Axor auf Achse. «4‑Xtremes – The World Tour» lautet das Motto der Reise, zu der die beiden Schweizer Mitte 2020 aufgebrochen sind – und an der sie die RoadStars-Community teilhaben lassen! Bleibt up to date und verpasst keines der atemberaubenden Ziele, die das Abenteuer‑Paar ansteuert.

Die aktuellen Teile der Serie «4-Xtremes – The World Tour» findet ihr hier.

Den Verlauf der Reise vor der Überfahrt nach Südamerika findet ihr hier.


Fotos: 4-Xtremes

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